Das kalte Herz

Es ist kalt geworden. Und damit meine ich nicht die Temperaturen Anfang September. Sondern das einst so heiße Herz von Hamburg. Jede Woche ein neuer, spannender Event; Promis und Stars, die diese Bezeichnung noch verdienten; coole Locations, schöne Frauen und vor allem eine höchst lebendige Szene: Man kannte und man mochte sich. Vorbei! Ein paar letzte Zuckungen gibt es noch - wie den "Deutschen Radiopreis" in ein paar Tagen - aber auch die können nicht darüber hinweg täuschen, dass Glanz und Glamour schon eine ganze Weile vergangen sind. Man könnte natürlich sagen, dass Corona an allem Schuld ist. Die Lockdowns sind schließlich an niemandem spurlos vorübergegangen! Aber das wäre nichts anderes als eine billige Ausrede. 

Denn selbst das heimtückischste Virus bringt keine Ballermann-Band zum "Blauen Ball" und keine Pseudo-Promis zu Top-Events. Das schaffen nur Gleichgültigkeit, Intrigen und knallharte Geschäftsinteressen. Schnelles Geld statt Qualität. Die Leute merken es ja eh nicht. Und selbst wenn - wen interessiert das? Auf jeden, der das Ganze durchschaut, kommen fünf Idioten, die alles dafür geben, nur um dabei zu sein und die Show geht weiter. Take the money and run.

"Promistadt" hat das Ganze viele Jahre lang begleitet. Und - das dürfen wir wohl so sagen - nicht ganz erfolglos, so lange es noch etwas gab, worüber es sich zu berichten lohnte. Aber wenn man am roten Teppich steht, sich fragt, warum zum Teufel man das alles überhaupt macht und darauf keine überzeugende Antwort mehr findet, sollte man aufhören. 

Daher tragen wir heute schweren Herzens "Promistadt" zu Grabe, die Verleihung des Deutschen Radiopreises am 7. September wird unsere letzte Story. Wir wollen uns mit einem Event verabschieden, der Hamburgs würdig ist.

Aber wir wären nicht "Promistadt", wenn wir einfach so unsere eigene Beerdigung verkünden würden. Nö! Wenn wir uns schon von unserem "Baby" verabschieden, mit dem wir viele bunte Geschichten, tolle Momente und vor allem jede Menge Herzblut verbinden, dann tun wir das im New-Orleans-Stil. Ihr wisst schon: Zum Friedhof geht´s mit Traurmarsch. Den spielen wir gerade. Aber zurück geht´s mit höchst lebendigem Jazz. Schließlich geht das Leben weiter und das gilt es zu feiern. Erstens. Und zweitens, alte Voodoo-Tradition: Wenn Baron Samedi - der Herrscher der Toten - zur Party ruft, ist alles möglich. Time will tell.

 Story: Markus Becker

Fotos: Andreas Bonné

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