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The Winner Takes It All

Meine Erinnerungen sind schwarzweiß und ein bisschen unscharf. Was schlicht an der Zeit lag – man schrieb die frühen 70er. Aber auch wenn Bild und Ton bisweilen zu wünschen übrig ließen: Das, was sich regelmäßig auf dem Bildschirm abspielte, reichte zweimal aus, um den Jungen vor dem Fernseher zu faszinieren.

Da war dieser Mann, der mit Cassius Clay und Muhammad Ali gleich zwei Namen trug und der völlig unbescheiden von sich behauptete, der Größte zu sein. Und dann ging er ´raus und boxte – gegen Joe Frazier, gegen George Foreman – und war verdammt nochmal wirklich der Größte. Und ist es (zumindest für mich) bis heute geblieben. Wobei es nicht nur die schillernde Persönlichkeit Muhammad Alis war, die mich hypnotisierte – es war die ganze Atmosphäre. Die monatelangen Vorbereitungen, der Kampf Mann gegen Mann, ein eigener kleiner Mikrokosmos mit der Aura des Bodenständigen. Und gleichzeitig die Show rund um den Kampf, Ali war Spitzensportler und Popstar zugleich.

Gut 40 Jahre ist das jetzt her, doch meine Faszination für den Boxsport ist ungebrochen. Und allzu viel hat sich ja auch nicht verändert. Dereck Chisora, der am 7. Mai in der Hamburger Barclaycard Arena im Kampf um die Europameisterschaft im Schwergewicht gegen Kubrat Pulev antritt, behauptet zwar nicht von sich, der Größte zu sein, aber an Selbstbewusstsein mangelt es ihm trotzdem nicht: „Pulev wurde immer nur beschützt. Seine Gegner waren Schrott, seine Kampfbilanz ist lächerlich - und gegen Wladimir Klitschko wurde er ganz böse verprügelt. Pulev hat keine Ahnung, wie man fightet. Ich mache mir keine Sorgen", sagt Chisora. Klappern gehört also immer noch zum Handwerk im Schwergewicht. Rein zahlenmäßig betrachtet ist die Lage längst noch nicht so klar: Chisora hat in 30 Profikämpfen fünf Niederlagen kassiert, bei Gegner Pulev sind es bislang nur 23 Profikämpfe, aber auch nur eine Niederlage – und die gegen Wladimir Klitschko. Ein Umstand, der Chisora – zumindest vor dem Kampf – nicht weiter zu beeindrucken scheint: „Das sage ich doch. Nur Sch...-Gegner hat er geboxt. Der beste von denen war noch Tony Thompson, hahaha! Ich habe hingegen Haye, Fury und Vitali Klitschko geboxt. Am 7. Mai wird er sich wundern. Das geht nicht gut für ihn aus." Nun ja. Da es nicht nur um den Titel des Europameisters, sondern durch den „IBF-Eliminator“ auch noch um eine WM-Chance geht, wird Kubrat Pulev am kommenden Freitag wohl auch nicht unbedingt mit den Samthandschuhen unterwegs sein. Aber Dereck Chisora war ja noch nie als feinsinniger Gentleman bekannt...

Lokalmatador Ismail Özen – der am 7. Mai in den Vorkämpfen auf Aleksandar Kovac trifft – bestreitet seine Vorbereitung unterdessen ganz entspannt und ohne lautes Getöse. Und das, obwohl es um die GBU-Intercontinental Meisterschaft im Super-Mittelgewicht geht: „Das wird der bis dato größte Kampf meiner Karriere“, so Ismail. Wobei er auf die Unterstützung seiner zahlreichen Hamburger Fans hofft. Die Sympathien dürften ihm jedenfalls sicher sein, denn Ismail Özen kämpft nicht nur für sich und um den Titel, sondern auch für Hamburger Kinder: Die Hälfte seiner Kampfbörse geht an den „Blauen Ball“ und damit unmittelbar an die Kinderkrebsstation des Universitätsklinikums Eppendorf. Eben ein echter „Mann des Volkes“, wie ihn Promotor Kalle Sauerland ankündigt. 

Ebenfalls am Start: Vincent Feigenbutz. "Ich wusste, dass ich nach meiner Niederlage zuletzt etwas verändern muss", sagt er. "Mein bisheriger Coach Hansi Brenner hat mich weit gebracht, doch für meine weitere Entwicklung war der Schritt, bei Karsten Röwer zu trainieren, der richtige."

Sein neuer Trainer, der seit März mit Feigenbutz arbeitet, freut sich auf die Aufgabe, den jungen Super-Mittelgewichtler an die Spitze zu führen. Röwer: "Vincent bringt sehr gute physische Voraussetzungen mit sich. Natürlich wird aus ihm nicht mehr der überragende Techniker, doch mit ein wenig Feinschliff und der passenden Taktik, kann er in den kommenden Jahren ganz oben erfolgreich mitmischen!"

Promoter Kalle Sauerland hofft auf einen großen Fight in Hamburg. Über 5.000 Karten wurden für den Schwergewichts-Kracher bereits verkauft. „Wir versuchen, den Fans die bestmöglichen Kämpfe zu präsentieren. Dieser Fight im Schwergewicht gehört eindeutig dazu. Die Chancen stehen 50/50 - und der Sieger bekommt alles. Mehr geht nicht."

Eintrittskarten für die Box-Nacht am 7. Mai sind im Internet bei www.tickethall.de und www.eventim.de sowie unter der telefonischen Ticket-Hotline 01806-570044 erhältlich.

Story: Markus Becker

Fotos: Andreas Bonné

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