Stille Helden
Das Gegenteil von „gut“ ist bekanntlich „gut gemeint“. Ein Gedanke, der sich mir immer wieder aufdrängt, wenn gegen Ende des Jahres die Spenden-Galas im TV Inflation haben: Mehr oder minder prominente Zeitgenossen entdecken kurz vor Weihnachten ihre soziale Ader und machen sich auf die Socken, um dem Fernsehpublikum
Spenden für irgendeine gute Sache zu entlocken. Ich möchte niemandem etwas unterstellen, das ist sicherlich alles gut gemeint. Aber wenn dann die Tearjerker eingespielt werden – niedliche kleine Kinder mit niedlichen kleinen Tieren, die dringend Hilfe brauchen, funktioniert immer! - und der ein oder andere Promi „rein zufällig“ noch das neue Buch, die neue CD, den neuen Film dabei hat... Na ja, nicht so meins.
Dass es auch anders geht, zeigen Hamburg und seine Prominenten zurzeit. Zuerst der wirklich gelungene „Herbstempfang“ am vergangenen Dienstag, bei dem soziale Projekte von Jugendlichen prämiert wurden. Und nun die „Goldene Bild der Frau“, bei der Heldinnen des Alltags im Mittelpunkt stehen. Und das meine ich durchaus wörtlich. Denn anders als bei vielen TV-Galas stehen hier wirklich die Menschen mit ihren Projekten im Vordergrund. Und nicht die Prominenten. Im Gegenteil, die halten sich zurück und unterstützen das Ganze als Jurymitglieder, als Projekt-Paten und als kleine Anerkennung für die Helden des Alltags. Das sind dann die Momente, in denen ich mich freue, immer wieder dieselben Menschen auf dem roten Teppich zu sehen. Wie Sanna Englund. Wie Jorge Gonzalez. Wie Christine Deck. Und wie noch einige mehr. Denn da geht es eben nicht um TV-Präsenz, das neue Buch, die neue CD und den neuen Film. Sondern um die Sache.
Wie zum Beispiel bei Patricia Renz aus Hamburg: Mit "Musica Altona e.V." schenkt sie Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen die Chance, gemeinsam zu musizieren - und hilft ihnen so, Freunde, Selbstvertrauen und Halt zu finden. Oder Stefanie Jeske aus Düsseldorf: Sie kämpft mit "subvenio e.V." für Menschen, die unverschuldet Opfer von Unfällen wurden - damit sie bei Versicherungen zu ihrem Recht kommen. Nathalie Schaller aus Stuttgart gibt mit ihrem Mode-Label "Glimpse" Inderinnen, die zur Prostitution gezwungen wurden, einen fairen Job - und damit neues Selbstbewusstsein, Hoffnung und Zukunft. Christine Bronner aus München gründete die "Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München - AKM", unterstützt Familien von schwerst- und unheilbar kranken Kindern - und schenkt ihnen Lebensfreude. Und Petra Mannfeld aus Ziegendorf: stemmt sich mit ihrer Initiative "Treffpunkt altes Pfarrhaus" und tollen Ideen gegen den bundesweiten Trend des Dorfsterbens - und rüttelt alle auf.
Fünf völlig unterschiedliche Frauen und Projekte, die zwei Dinge gemeinsam haben: Sie wurden mit der „Goldenen Bild der Frau“ prämiert und sie geben ein bisschen Hoffnung in Zeiten, in denen Wut, Hass und Dummheit scheinbar immer mehr um sich greifen.Und das darf – nein, das soll man sogar feiern! Was die 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Fernsehen und Sport dann auch ausgiebig taten, darunter Verona Pooth, die Moderatoren Monica Lierhaus, Birgit Schrowange, Dagmar Berghoff und Hubertus Meyer-Burckhardt, die Schauspieler Katerina Jacob, Sanna Englund und Dietrich Mattausch, Profi-Tänzerin Motsi Mabuse und ihre „Let´s Dance“-Kollegen Jorge Gonzalez, Christine Deck und Isabel Edvardsson, Moderatorin Caroline Beil, Stefanie Hertel, Ex-Boxweltmeisterin Regina Halmich und, und, und.
Tja – und auch bei den preisgekrönten Projekten wird man heute wohl ein wenig feiern. Denn die „Bild der Frau“ unterstützt jedes einzelne mit 10.000 Euro – der Leserpreis, der zusätzlich ausgelobt wurde, ist sogar mit 30.000 Euro dotiert. Und das ganz ohne rührselige Videos.
Story: Markus Becker
Fotos: Andreas Bonné